Tag: #frauenlebenamland

Hamamelis

Zaubernuss und Tulpen

Hamamelis ist der geheimnisvolle lateinische Name einer Pflanze, die mich seit meiner frühesten Jugend bezaubert. Sie blüht im Winter, wenn die Flora ruht. Ihre zarten, gelben oder roten Blütenfäden sind ein Zeichen dafür, dass die kalte Zeit bald vorüber sein wird.

Nach einem langen und anstrengenden Tag in Arnfels besuche ich meine Freundin. Auf ihrem Tisch im kühlen Atrium steht eine Blumenvase mit blassrosa Tulpen, eingefasst von ein paar unfrisierten Büscheln Hamamelis. Ich betrachte das Arrangement und sehe die Frauen wieder vor mir, die mich heute in meinem Beratungsraum in der Leutschacherstraße aufgesucht haben. Wie fragile Frühlingsboten einer herannahenden Vertrautheit sind sie zu mir herauf, in den zweiten Stock, gekommen. Ein unverhofftes Geschenk in einem kühlen und verschlossenen, mir noch sehr fremden Biotop.

Was Frauen am Land leben und leisten, ist ihnen selbst nicht bewusst, und doch verzaubern sie mit ihren Blüten unwirtliche Gegenden, wo Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenfließen.

Meine Freundin tritt mir entgegen. „Da bist du ja!“ Sie umarmt mich und bittet mich herein. Mit einem Blick auf die Blumenvase sagt sie: „Die biegsamen Tulpen verlieren so leicht den Halt. Mit der Zaubernuss aus meinem Garten konnte ich sie wieder aufrichten.“

Zierliche Pflänzchen und archaische Gewächse. Der Frühling lässt sich nicht mehr aufhalten. Wie ein lang erwarteter Brief findet er seinen Weg zu uns. Er hat keine Eile. Feminismus ist für alle da!

Fleisch

Ich schneide ins Fleisch

In der Hand von komplizenhaften Seilschaften

schneide ich das Fleisch,

pflege die Räume für die Brut,

lese ihre Bücher,

kämme das Arsen,

das man mir verabreicht, wie

einem Ross vor dem Rennen.

Die Treibjagd auf die Journalistin

schlägt auch im feministischen Biotop Wellen.

Der hegemoniale Tratsch will es,

dass immer Zwei dazu gehören.

In der Hand von komplizenhaften Ewigpubertierenden,

schneide ich das Fleisch,

binde die Brühe,

poliere mein Zaumzeug,

versorge alle gut und mich leidlich,

leg mich in gemachte Betten,

aus denen ich geteert und gefedert,

wieder aufstehe

und weiterschneide,

in das Fleisch der perfiden Jäger.

Gewalt- und Opferschutz für Frauen 2023

Rechnungshofbericht „Gewalt- und Opferschutz für Frauen 2023“ fordert effektiveren Schutz und langfristig angelegte Strategien

Der Rechnungshofbericht „Gewalt- und Opferschutz für Frauen 2023“ fordert effektiveren Schutz und langfristig angelegte Strategien. Vom Klimaschutz wissen wir: Ohne bewusstseinsbildende Maßnahmen ändert sich kaum etwas. So wird man über den Einsatz der Ressourcen und den rechtlichen Rahmen, die einander ja wechselseitig bedingen, weiterhin beraten und diskutieren. Was aber ist heute und jetzt zu tun? In der Steiermark schießen die Femizidzahlen in die Höhe. Wir führen die österreichweite Statistik an. Vielleicht weil Alkohol und exzesshaftes Verhalten, aber auch eine nachhaltige Beeinträchtigung der Intelligenz bei ausreichend Alkoholkonsum, an unseren schönen Weinbergen festgemacht werden können? Nein! Schreit der Tourismus. Vielleicht weil die Exekutive zu sehr um Gerechtigkeit bei den Wegweisungen bemüht ist, anstatt einfach jede Frau ernst zu nehmen? Nein. Die Polizei ist auf Zack. Vielleicht weil durch strukturelle Gewalt, das Fehlen von Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die ungleiche Bezahlung Frauen einfach besser dauerhaft dem traditionellen, niemals beglückenden Kleinfamilienmodel anhängen? Kann nicht sein, denken wir. Jede ist ihres Glückes Schmiedin.

Also sind wohl die Frauen selbst Schuld an der Misere. Denn die besteht nicht etwa darin, dass Femizide geschehen und Frauen von ehemals Geliebten hingemordet werden. Die Misere ist – und das sagt uns der Rechnungshofbericht – dass das Geld nicht klug verwendet wird. Viel Herumgewurschtel mit wenig Output. Im Sinne einer Sensibilisierung aller Bevölkerungsschichten ist jedenfalls ein Hinschauen erforderlich. Gewaltspuren im sozialen Nahraum müssen erkannt, benannt und gebannt werden. Hilfreich wäre da natürlich auch eine mediale Berichterstattung, die weniger skandalisieren und mehr informieren könnte. Die Kontaktdaten und Anlaufmöglichkeiten von Opferschutzeinrichtungen, Beratungsstellen und Bildungseinrichtungen sollten so augenfällig und effektiv sein wie Lottoannahmestellen. Die Chancen, einen Jackpot zu machen sind gering, aber dass in zwei Wochen der nächste Femizid Österreich erschüttern und völlig überraschend eine von uns treffen wird, das ist sicher.

Geld wie Sand am Meer,

aber nicht für Frauen

Bargeldloser Zahlungsverkehr hat sich gegenüber dem Tauschhandel der vorigen Jahrhunderte relativ rasch durchgesetzt. Frauenanliegen hingegen tümpeln konsequent dahin. Cui bono? Nicht immer lässt sich nachvollziehen, wohin die demokratische Reise geht. Eine völlige Abschaffung des Bargelds trüge jedenfalls maßgeblich zur Transparenz von Geldflüssen bei. Die EU und so mancher österreichische Politiker – Politikerinnen werden neuerdings dort, wo man nicht gendern mag, wieder mitgemeint – wollen es allen recht machen und diskutieren nun eine optisch ansprechende Neugestaltung der Banknoten.

Doppeldeutige politische Botschaften, soweit das Auge reicht. Diese Nicht-Fisch-und-nicht-Fleisch-Haltung scheint sich in unseren zunehmend veganen Zeiten in allen Themenbereichen durchzusetzen. Wie beim Geld vergisst man aber, worauf es eigentlich wirklich ankommt, nämlich auf eine Bekämpfung der horrenden Inflation, die den Durchschnittsbürger:innen das „normale“ Leben nahezu verunmöglicht. Aber was ist schon normal?

Beim Klima ist es nicht anders. Um der Letzten Generation ebenso gerecht zu werden, wie denjenigen, die noch schnell einmal eine richtig schöne Fernreise erleben wollen, bevor das am Ende gar verboten oder völlig unleistbar wird, begibt sich die Politik nun in Sommerpause, ungeachtet der Tatsache, dass diese nur genossen werden kann, wenn a) das Einkommen stimmt und b) die Klimaanlage funktioniert. Von einer realen Klimaanlage, einer sinnvollen Investition ins Klima, könnte man hingegen sprechen, wenn der öffentliche Verkehr endlich ausgebaut und der Gütertransport auf die Schiene verlagert würde. Darüber wird, wenn überhaupt, nur mit Verspätung und außerordentlich schleppend diskutiert.

More oft the same in der Frauenpolitik. Eine Investition ins gesellschaftliche Klima wäre der Ausbau der flächendeckenden Kinderbetreuung. Da das nicht klappt, versucht man es nun mit Verhütungsmittelfreigabe, also Gratispille? Nicht in echt. Wir reden und schreiben nur drüber, damit Aktion vorgetäuscht wird. Denn: Schwangerschaftsabbruch bleibt nach wie vor ein Strafdelikt und keineswegs eine Ermessensfrage jener, die meinen: Mein Körper gehört mir. Dass Frau-Sein einer teuer zu stehen kommt, erfährt unsereins in jeder Lebensdekade: In unseren ersten 10 Lebensjahren sozialisiert uns das System nach wie vor rosarot und himmelblau. In der zweiten Dekade strengen wir uns gewaltig an, spielen Fußball, Klavier und Barbie und bringen die besseren Schulabschlüsse. In Dekade drei verdient der Staat in jedem nur erdenklichen Fall an unserer Fertilität. Zwischen 40 und 50 frisst uns entweder die Familie oder eine, um ein Drittel minderbezahlte, Arbeit auf. Von 50 bis 60 versuchen wir Anschluss zu finden, an neue Partner, Pensionszeiten oder sinnstiftende berufliche Umorientierung. Dekade sechs zeichnet sich für viele von uns wieder durch Pflegeverpflichtungen aus. Wir pflegen die Eltern, die Schwiegereltern, auch oft hauptberuflich und unterbezahlt. Zwischen 70 und 80 erleben wir mehrheitlich, was Altersarmut, Altersdiskriminierung und Alterseinsamkeit bedeuten. Wer tatsächlich 80 oder älter wird, muss sich vorwerfen lassen, dass sie ihren Partner überlebt hat und nun dem System auf der Tasche liegt. Das alles verkauft uns die Politik als Wahlfreiheit, die Frauen ohnehin schon seit Jahrzehnten genießen und nimmt dieses Argument als Rechtfertigung dafür, Frauen-Startups ebenso wie Sozialarbeit weiterhin nur marginal zu fördern. Feminismus bleibt, durch die Verweigerung jeglicher dauerhaften Finanzierung von Fraueneinrichtungen, lahm und ungelenk, immer in den Kinderschuhen. Feministinnen gibt es ja ohnehin nicht, wie Sand am Meer. Oder fällt ihnen außer Alice Schwarzer noch eine ein? Ein gewollter Feministinnen-Engpass! Egal. Feminismus ist und bleibt, im Gegensatz zu Rammstein und dem patriarchal organisierten Kunst- und Kulturbetrieb unserer Tage, Sand im Getriebe einer sich rasant entwickelnden europäischen Demokratie.

Als ich nicht schlief

Als ich eines Nachts nicht schlief,

ging ich durch alle unsere Räume

mit dem waidwunden Blick

vom bald schon letzten Mal.

Jedes Detail war mir so lieb.

Der Sprung im Glas der Lampe,

die Krumen auf dem Tisch,

das Geschirr vom letzten Abend,

in der Spüle unsere Weingläser.

Dein ruhiger Atem drinnen,

aus dem ich heraustrat

und auf das schwarze Meer sah.

Es nickte mir Mut zu.

Ein allerletztes Mal.

Spanien macht`s vor

Spanien macht vor, was eine Gleichbehandlungsministerin bewegen kann.

Irene Montero, die spanische Gleichbehandlungsministerin seit 2020, ist die Stimme für LGBTQA- AktivistInnen. Sie macht klar, dass Feminismus für alle da ist. Für uns alle. Feminismus ist die Stimme gegen soziale Ungerechtigkeiten.

Der Gesetzesantrag zur freien Geschlechterwahl ab 16 ist in Spanien beschlossen. Das Recht auf arbeitsfreie Tage bei starken Menstruationsbeschwerden ist spanienweit bewilligt. Das sind europäische Meilensteine in Sachen Gleichstellungspolitik.

Tatsächlich hat die ganze europäische Bevölkerung ein Problem: nämlich ein Gewaltproblem. Diesmal meine ich nicht die Femizide, die zur grauenvollen Realität unseres Alltags gehören. Für gewisse Formen der Gewalt finden wir, ohne uns das zu vergegenwärtigen, Rechtfertigungen. So kommt es, dass in unserem Unterbewusstsein bestimmte Handlungsweisen schon so sehr verinnerlicht sind, dass wir selbst gar nicht bemerken, wie tolerant wir zum Beispiel toxischer Männlichkeit gegenüber sind.

Wir tolerieren Männer, die uns kontrollieren, die uns einschränken, die unsere Freiheit beschneiden, die uns schlecht behandeln, die unsere erbrachten Leistungen überhaupt nicht zu schätzen wissen. Wir finden Ausreden. Männer, die SMS Nachrichten und E-Mails auf den Handys ihrer Frauen lesen, Männer, die Frauen nicht erlauben, sich mit ihren Freundinnen zu treffen, Männer, die ihre Partnerinnen in jeder Beziehung kurzhalten, erleben wir oft als besorgte, wenn nicht sogar fürsorgliche Freunde. Wir rechtfertigen ihre Übergriffigkeiten. Männer, die Unterhalt für ihre Kinder bezahlen, bewundern wir, während wir Frauen, die ganztags arbeiten, um ihren Kindern einen gewissen Lebensstandard zu bieten, für karrieregeil oder für Rabenmütter halten. Frauen, die geschlagen oder vergewaltigt werden, haben sicher auch selbst schuld, denken wir. Mit dieser Einstellung tun wir uns auch selbst Gewalt an. Dazu sagen wir StoP. Stoppt Partnergewalt, so heißt ein österreichweites Projekt, das derzeit in 25 Frauenberatungsstellen umgesetzt wird. Leibnitz ist eine davon.

Wichtig sind Politikerinnen in der Öffentlichkeit, die aufzeigen, dass alle dieselben Rechte haben müssen. Wichtig sind Einrichtungen, die für sie Frauen da sind. Wichtig sind Sie und Ihre Unterstützung für diese Anliegen, die unser aller Anliegen sein müssen. Stoppt das Schweigen über Gewalt, und reden wir darüber. Täglich und mit allen Menschen, die uns begegnen.

Seelenstern und Weihnachtsdrachen

Puppchen, du bist mein Augenstern.

Puppchen, hab dich zum fressen gern.

Mein Vater singt das und wirbelt mich im Kreis.

Er liebt Operettenlieder.

Diese Erinnerung an meine Kindheit,

an meine heile Kindheit,

ist zu meinem Seelenstern geworden,

der in mir funkelt.

Je mehr Zeit verstreicht,

desto verklärter wird dieses Leuchten in mir.

Hätte ich diese Zeit nicht selbst erlebt,

diese ausgehenden Sechziger und anbrechenden Siebziger,

dann würde ich jauchzend miteinstimmen

in das Lied über die gute alte Zeit,

das die Ewig-Gestrigen so beharrlich singen.

Aber neben dem Seelenstern haben sich in mir auch Irrlichter erhalten.

Unwesen in trampelnden Stiefeln und unseligen Ledermänteln

lauern in meinen dunklen Winkeln.

Und da ist er auch auch: mein Weihnachtsdrache.

Der tanzt zu den Feiertagen durch die alten Familiengeschichten,

die ich den Kindern und Enkelkindern so gern auftische,

um ihnen zuverlässige Anhaltspunkte zu geben dafür,

woher wir kommen und wohin wir gehen.

Ja! Glaubt es nur! Das ist die wahre Frohbotschaft:

Der Seelenstern leuchtet, und der Weihnachtsdrache tanzt uns voraus.

Sexismus ist Betrug an der Mehrheit

Sexismus ist abzulehnen, darüber ist man sich spätestens seit #metoo einig. Die Tiroler Studie, deren Ergebnisse dieser Tage veröffentlicht wurden, beleget, dass im Durchschnitt 75% der Frauen angaben, von Sexismus betroffen (gewesen) zu sein. Das zeichnet ein widerwärtiges Sittenbild unserer Gesellschaft. Wenn wir uns vor Augen halten, dass 52% der Bevölkerung Frauen sind, denen von klein auf beigebracht wird, dass Männer und Frauen, vielmehr alle Geschlechter, gleichwertig sind und dieselben Rechte haben, ist das Betrug an der Mehrheit. Menschenrechte nämlich gelten für alle. Es handelt sich keineswegs nur um mangelnde Sensibilität, wenn ich mich einer bestimmten Personengruppe gegenüber nicht zu benehmen weiß. Egal ob anzügliche Witze, unangebrachte Kommentare zur Körperlichkeit oder andere physische oder psychische Übergriffe, niemand hat das Recht, seine Mitmenschen zu peinigen oder zu erniedrigen. Ein grundlegendes Problem stellen antiquierte Rollenmuster dar, die wir in Österreich auch im 21. Jahrhundert noch immer nicht überwunden haben. Was ist also Sexismus, und wie können wir ihn erkennen? Im Report vorvoriger Woche gab es einen Beitrag zur Bundespräsidentenwahl, der sich – wie wir alle wissen – keine Frau stellt. Es wäre doch eine gesellschaftspolitisch hoch interessante Frage, wie es kommt, dass es zwar viele Kandidaten, aber keine einzige Kandidatin gibt. Ein Reporter befragt im TV-Beitrag Menschen auf einem Sommerfest. Die Männer werden gefragt, ob sie Vertrauen in das Amt des Bundespräsidenten haben und ob sie überhaupt zu Wahl gehen werden. Eine Frau wird gefragt, ob es sie denn störe, dass es keine weibliche Kandidatin gebe. Ist es nicht seltsam, dass schon die Fragestellung suggeriert, Männer wüssten besser über die Kompetenzen und Sinnhaftigkeit eines Amtes Bescheid als Frauen? Es kommt aber noch viel schlimmer. Die Antwort der Frau ist, es störe sie nicht, denn Männer seine eben viel umgänglicher.

Natürlich kann das ihre Meinung sein. Unbenommen. Die Frage aber ist: Warum zeigt uns der ORF diese Interviews?

Stellen wir uns vor zu einem Thema werden schwarze und weiße Menschen befragt, es geht um eine Führungsposition, um die sich zufällig lauter Weiße beworben haben. Dann werden mehrere Menschen um ihre Meinung zur Führungsposition gefragt. Neben fünf Weißen, fragt man auch einen Schwarzen. Den fragt man aber nicht nach der Sinnhaftigkeit der Führungsposition, sondern man fragt ihn: Stört es Sie, dass sich nur Weiße um diese Führungsposition bewerben?

Der Schwarze gibt zur Antwort: Nein, das stört mich nicht, denn Weiße sind viel umgänglicher.

Der ORF hätte nicht zweimal überlegt und dieses Interview ausgesiebt, wie viele andere bei allen ähnlichen Befragungen sonst auch.

Dieses Denkbeispiel zeigt uns, dass die Sensibilität in Geschlechtergleichstellungsfragen sehr zu wünschen übrig lässt. Wenn Frauen für die gleiche Arbeit weniger verdienen und einen Großteil der Care Arbeit in Familien und außerhalb leisten, spricht niemand von Rassismus. Tatsache aber ist, dass schon John Lennon 1972 erkannt und veröffentlicht hat: Woman is the Nigger oft he World.

Und das wird auch so bleiben, wenn uns öffentlich anerkannte Bildungseinrichtungen und Medien die patriarchale Männlichkeit weiterhin als normal verkaufen und zu deren Absicherung immer wieder auch ein paar Frauen zu Wort kommen lassen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, mit den Mächtigen solidarisieren und öffentlich ausrufen: „Mein Gott! Die armen Männer! Diese verbitterten Emanzen hacken immer wie Furien auf ihnen herum. Also ich habe nichts gegen Männer. Im Gegenteil, ich liebe sie!“

Dann ist die Welt wieder in Ordnung, und alles bleibt, wie es ist.

#Dagg

Eine Frau hat mir heute ihren Tagebucheintrag zur Verfügung gestellt. Ich nenne sie Daggi Hesch. 13intéressant:

Ich halte die Nachrichten nicht mehr aus. Draußen will der Frühling kommen und im Kastl ist Krieg. Nicht schlimm genug, dass ich nun zwei Jahre lang Corona News gelesen, gehört und gesehen habe. Eine Berichterstattung liefert tagesaktuell Zahlen, nach denen wir nun geradezu süchtig sind. Gegipfelt hat der ganze Pandemie-Irrsinn in olympischen Spielen, ausgerechnet in China. Als wäre es das Normalste der Welt, wurde neben den Corona-Zahlen auch der Medaillenspiegel täglich upgedatet. Und pünktlich zum Ende der Spiele beginnt in der Ukraine ein Krieg. Die EU spricht von Lieferketten, die fairen Handel garantieren sollen. Mein Konto ist überzogen, weil ich noch einmal Holz kaufen musste. Ohne Auto kann ich leben. Aber erfrieren will ich nicht. Wir sollen einen Gutschein bekommen, für den Heizkostenzuschuss. Am rechten Schienbein habe ich eine Wunde, weil mir beim Holzhacken eines der Scheiter gegen das Bein gekracht ist. Ich habe gedacht: Das gibt einen blauen Fleck. Aber beim Schlafengehen habe ich das eingetrocknete Blut entdeckt. Ich hab mir ein dickes Buch gekauft. Juli Zeh: Über Menschen. Letzten Endes ist mir unerklärlich, wie Bücher uns finden. Aber irgendwie habe ich schon nach den ersten Seiten den Eindruck, die Dora aus dem Buch und ich, wir haben etwas gemeinsam. So wie Dora muss auch ich immer nachdenken, wie alt ich nun schon bin. So wie Dora bin ich auf der Suche nach dem Erfolgserlebnis. So wie Dora bedroht mich die existentielle Chancenlosigkeit. So wie Dora bringt mich der rechte Winkel ins Schwitzen.