Tag: ig Fem Bezirk Leibnitz

Es zipft mi aun, waun …

Es zipft mi aun,

waun

i net bin, wer i bin.

Waun i spinn.

Waun i umadruck und owaschluck

wias ma geht

wals net grod zum Besten mit uns steht.

Wal owa Weihnochtn is

und i den Weihnochtsfriedn

doch des gaunze Joah üba vamiss,

holt i zur Stund

liaba mein Mund,

wal dia sunst am End wida

ane auskumman kunnt.

Es zipft mi aun,

waun

i scho was,

wia des weida geht mit dem Schas.

Wal es is net gnua, dass i olls tua

von in da fruah

bis spät in di nocht.

Wal wauns daun krocht,

wors trotzdem mei Schuld.

Wal di Geduld hot a amol a End.

Und wal i so bled bin

föhln ma just jetzt, zu Weihnochtn,

vuan zwa Zähnt.

Es hot mi, wia ma so sogt:

full darennt.

Wal grod zu Weihnochtn,

wenn alle Fotos mochn

und verschicken,

muast du ma ane picken.

Es zipft mi aun,

waun

unterm Christbam dann olle bled schaun.

Wal mia sitzen jo trotzdem zam und hom a Freid

an di Kerznan und am Schnops.

Und i was jo, dass as di reit.

Jo, sicha es tuat da lad vor die Leit.

Sogoa zu ana Entschuldigung warast bereit,

zu dera weihnochtlichn Zeit.

Owa vorigs Joah, mitn blaun Aug

hob i wenigstns die Weihnachtsbrötchen vom Spar beißn meign.

Heit geh i hungrig ham und ohne Geschenke.

Gott sei Dank worn wenigstens die Getränke

reichlich vorhaundn

I hob nur net vastaundn,

warum mei Muatta jetzt

im Sigmund Freud obgsondat sein muas.

Weihnachtn ohne ihra, ohne an Gruas?

Es zipft mi aun,

woun

da Foda ihra grod einweisn losst

zu di Feiatäig,

wou er dei Famülienfeiern doch so hosst.

Na guad. Die Brötchen hot er vuriges Joah jo a scho bschtöllt.

Wal letzts Joah hom meina Muatta die Zähnt vuan gföhlt.

Patriarchat im Krisenmodus

Seit dem Tod der 22-jährigen Masha Amini herrscht Aufruhr im Iran. Wir konnten beobachten, was nach einem Femizid abläuft. Der Schock erfasst das unmittelbare Umfeld, und dann bemüht man sich erst einmal das Geschehene zu verharmlosen und die Schuld dem Opfer in die Schuhe zu schieben. Masha Amini war selber schuld, denn die staatliche Sittenpolizei, ist nur deshalb eingeschritten, weil sich die junge Frau falsch verhalten hat. Das Leben der ungehorsamen Frauen ist – selbst im 21. Jahrhundert – unwertes Leben. Um ihren Gehorsam zu zeigen, verhüllen Frauen im Iran ihren Körper und ihr Haar. Damit bekunden sie öffentlich, dass sie sich mit Religion, Staat und Scharia identifizieren.

Nun zeigen Menschen weltweit ihre Solidarität, unter anderem indem sie sich vor laufenden Kameras die Haare abschneiden.

Was muss passieren, dass Frauen auf die Barrikaden steigen? Allein 24 Femizide gab es heuer schon in Österreich. Das Budget zum Gewaltschutz wird aufgestockt. Aber sonst? Egal, wie viele Frauen keine Kinderbetreuung für ihre Kleinkinder haben und daher nicht arbeiten, nicht autonom sein können. Egal wie groß der Gender-Pay-Gap nach wie vor ist. Egal, wie vielen Frauen bekannterweise schadhafte Verhütungsspiralen eingesetzt wurden – und hier bekommt das Wort Gewalt-Spirale eine ganz neue, noch menschenverachtendere Bedeutung. Egal wie viele Frauen ihre gesamte Freizeit mit unbezahlter familiärer Care-Arbeit verbringen. Sie nehmen es in Kauf, um ihren Gehorsam zu zeigen, um ihren Beitrag zu leisten. Unsere Töchter werden dieses österreichische System forttragen, wie die Frauen es in den letzten Jahrzehnten im Iran mit der Macht der Mullahs taten. Unter dem Deckmantel einer verschrobenen Moral und scheinbar zum Wohle der Familien, der Gesellschaft, lassen Frauen sich weltweit knechten und sind doch, dort wie da, selber schuld. Victim Blaming, die erniedrigte Frau, die noch mehr gedemütigt werden muss, sollte sie es wagen, etwas Gewalt zu nennen, von dem die Weltwirtschaft profitiert. Kämpfende Frauen sind ein No-Go.

Die Revolution im Iran entstand erst, als Menschen das Fehlverhalten Masha Aminis als heldenhafte Tat würdigten, sich mit ihr und allen anderen unterdrückten Frauen solidarisierten und sich gegen die Staatsmacht wandten. Seite an Seite kämpfen nun vor allem junge Leute gegen ein übermächtiges, von ökonomischen und patriarchalen Interessen getragenes Staatswesen. Feminismus heißt, sich für Gleichberechtigung aktiv einzusetzen, so dass himmelschreiende Ungerechtigkeiten nicht mehr geschehen können. In Österreich hieße das, sich öffentlichkeitswirksam feministisch zu positionieren. Aber wer hat dazu schon den Mut?

Vom Wollen und vom Sein

Ich will eine Künstlerin sein, eine Schriftstellerin! Sie sagt das, sitzt neben mir und sieht mich herausfordernd an. Was kann man wollen? Was kann man sein? Was kann frau wollen, und wie kann sie es sein? Ist es im Alter leichter, etwas zu wollen oder zu sein?

Tausend Fragen tun sich mir auf, im nebelumwaberten Demmerkogelhaus. Im Laufe der Jahre ändert sich alles. Im Laufe der Jahrtausende ändert sich nichts. Der Weltenlauf bleibt immer derselbe. Junge Frauen erleiden, was alle jungen Frauen vor ihnen erlitten haben. Alternde Frauen fürchten, was alle alternden Frauen vor ihnen befürchtet haben.

Ich brauche eine Bühne. Ich will spielen. Das Theater in mir muss heraus, muss sichtbar werden. Die Angst, stumm zu bleiben. Die Furcht, die Gelegenheit zum großen Auftritt nicht mehr zu bekommen. Das Bangen, nie mehr wieder Lampenfieber zu haben. Das ist unser Weg, der sich zwischen Möglichkeiten und Gelegenheiten schlängelt. Immer mehrere Möglichkeiten, ungenutzte Gelegenheiten, verkannte Früchte einer Erkenntnis, die wir nicht ersehnten. Die paradiesische Schlange züngelt uns an. Lispelt: Es läuft etwas schief! Dann merkst du, dass etwas mit dir nicht stimmt. Es ist nicht stimmig. Du stimmst nicht. Dir fehlt die Stimme. Es ist vorbei. Es ist aus. Das ist das Ende.

Und doch ist da ein Funke. Sie facht das erloschene Feuer im Herd wieder an, schiebt Asche mit einem Holzspan zur Seite, gibt fein gehobeltes Gut auf die verletzliche Glut. Sie bläst zuerst vorsichtig, dann heftiger. Wir sind die Glut, und sie facht uns an. Ein Knistern. Ein Staunen. Es gelingt.

In der Glut schlummert das Feuer. Die Künstlerin schlummert in mir. Es ist ein archaisches Ritual, in der Asche zu graben, nach Resten zu suchen, das Glühen zu erkennen und es – trotz aller Widrigkeiten – zum Glimmen, zum Leuchten, zum Brennen zu bringen.

Du bist das Feuer, das du in dir fühlst. Du bist die Schreiberin, die gewaltige Wortzauberin, die Schamanin des Nonsens und der Sinnhaftigkeiten. Die feinfühlige Künstlerin, die wutentbrannte Schriftstellerin.